Eine Frau - bekleidet mit der Sonne...


Eine Frau, bekleidet mit der Sonne,   und der Mond war unter ihren Füßen   und auf dem Haupt

ein Kranz von zwölf Sternen.   ( Off 12 )

 

Wer ist diese Frau?    

Die Antwort ist ja weitgehend bekannt: Für die Katholiken ist sie Maria, die Mutter Gottes, für

die Protestanten ist sie Israel.

 

Beide Positionen sollen hier genauer betrachtet werden.

 

A.) Als Mutter Jesu wäre die Frau natürlich Maria. Maria gekleidet mit der Sonne, sie steht auf der Mondsichel und trägt auf ihrem Kopf ein Diadem mit zwölf Sternen.

 

B.) Andererseits wird Jesus auch der „Sohn Davids“ genannt. Aus dieser theologischen Perspektive gesehen könnte die Frau wohl auch Israel sein. Israel bringt den Messias hervor, der

Messias ist ja einer von ihnen.

                                                                             * * * * *

Im 17. Jahrhundert lebte eine jüdische Kauffrau mit Namen "Glückel von Hameln". Für ihre Kinder hat sie Tagebuch geführt. Davon berichtet Elvira Grötzinger. ( Jüdische Miniaturen, Verlag Hentrich und Hentrich, 2004. ) S. 31 ff:

 

"Als fromme Jüdin blieb sie natürlich auch von einem der wichtigsten innerjüdischen Ereignisse ihrer Zeit nicht unberührt:

Es war die Begeisterung für Schabtai Zwi (1626-1676), die 1666 in eine Hysterie umschlug, welche die Juden West- und Osteuropas, Nordafrikas und Vorderasiens erfasste, weil sie aus dem in Smyrna stammenden Mann den erlösenden Messias zu erblicken meinten.

 

Allerdings wurden sie auch diesmal enttäuscht, wie Glückel selbst, die, wie alle frommen Juden, sich

sehnlichst die baldige Ankunft des Messias wünschte.  In ihrem dritten Buch berichtet sie ausführlich,  denn ihre eigene Familie wurde von den Ereignissen tangiert:

 

 " In der selbigen Zeit hat man von Sabbathai Zewi zu reden anfangen [...] Wir haben gehofft wie eine Frau, die da sitzt in dem Gewinnstuhl (Gebärstuhl) und mit großen Schmerzen ihren Wehtag

verbringt und meint,  nach all ihrem Schmerz und Wehtag wird sie mit ihrem Kind erfreut werden; aber nach all ihrem Schmerz und Wehtag kommt nichts anderes, als dass sie einen Wind

gehört." "

 

Glückel von Hameln berichtet dann, dass manch einer sein Haus veräußert habe und den beweglichen Besitz in Fässern nach Hamburg geschickt habe.

Die Reise nach Israel haben sie dann aber nicht angetreten, weil der "Messias" sich zum Islam bekannt habe.

 

Offensichtlich hat die Vorstellung, dass Israel den Messias unter Schmerzen hervorbringen wird,

unter den Juden der Welt einen hohen Stellenwert.

 

Israel, das Volk Gottes, nun schon fast 2000 Jahre unter die Völker verstreut, hat aber bis heute seine Identität bewahrt.  Die beruht auf drei Säulen:

                                                  1.   Mose und die Propheten,

                                                  2.  Jerusalem und der Tempel,

                                                  3.  die Erwartung des Messias.

 

                                                                          * * * * *

Nachdem also klar geworden ist, dass Israel nicht den Messias „geboren“ hat, wollen wir jetzt das  Bild untersuchen, das eine Frau zeigt mit den Attributen Sonne, Mond und Sterne.

 

Dieses Bild soll jetzt als Ikone betrachtet werden. Das heißt, es gibt zwei Ebenen, das Bild zu verstehen:

1.) Die ikonographische Ebene. Das Ganze, oder Teile des Bildes sind inhaltlich bekannt oder nicht..

2.) Die ikonologische Ebene. Die Bedeutung des Bildes erschließt sich durch die Zuordnung der Elemente des Bildes, der Gestaltung des Bildes.

 

Die Elemente des Bildes sind  Sonne, Mond und Sterne.  

Dabei fällt uns  eine Bibelstelle ein, wo die drei Elemente von Wichtgkeit sind:  Das ist der Traum des Joseph in 1.Mose 37,9-10: 

Sonne, Mond und Sterne sind also ikonographisch Vater, Mutter und Brüder.

 

Unter dem ikonologischen Aspekt betrachten wir den Konstruktions-Zusammenhang der Elemente.

 "Die Frau ist mit der Sonne bekleidet" - was heißt das jetzt?

 

Eine bestimmte Kleidung zu tragen heißt, eine Zugehörigkeit zu demonstrieren, z.B. beim Militär, im Sportverein, am Königshof, usw.   Ob man die Kleidung Uniform oder Trikot oder Livree nennt - immer liegt ein Vertrag zugrunde, immer wird eine Zugehörigkeit gezeigt.

 

Wenn also die Frau mit der Sonne bekleidet ist, dann heißt das, dass diese Frau mit Gott ein

Bündnis hat.

 

"Der Mond zu ihren Füßen". - was kann das bedeuten?

 Der Jäger setzt seinen Fuß auf das erlegte Wild: Er hat es besiegt. Der Bergsteiger steht schließlich auf dem Gipfel des Berges. Er hat die Mühen aufgebracht, er hat sich überwunden.

Der Sieger im sportlichen Wettkampf steht schließlich auf dem "Treppchen".

Der Redner steht auf einer Kanzel. Usw.

 

"Der Mond zu ihren Füßen" heißt also: Sie ist Inhaberin der Mutterschaft Israels.  Maria ist auch die Mutter von Johannes geworden, wie Jesus am Kreuz verfügt hat - und dessen Geschwister im Geist. Sie bekommt also die Pflichten einer Mutter für die ganze Gemeinde und Israel, -

und die Autorität, wie der Kranz mit den zwölf Sternen besagt.

 

Jetzt ist eigentlich klar, wer diese Frau in Off 12 ist: Es ist Maria, die Mutter des Sohnes Gottes und jetzt auch die Mutter der Kirche und Israels.

( Lea wird "Mutter Israels" genannt und auch Ruth. Dann ist auch Maria die (geistliche) Mutter Israels, auch wenn Israel als Volk Jesus noch nicht angenommen hat.)

 

Wir haben das Bildnis der Frau als Ikone rekonstruiert mit seinen Elementen und haben letztlich den Zusammenhang des Ganzen erhalten und somit seine inhaltliche Bedeutung.

 

Diese Marienstatue befindet sich  in Rom.  Maria steht nicht nur auf dem Mond, sondern auch auf der Erdkugel und mit einem Fuß auch auf der Schlange.

Hat sie Autorität über die Erde und Autorität über das Böse?

 

Nach dieser Darstellung "ja",  aber nicht nach der Darstellung Off 12.


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